Forschung: Evidenzbasierte Begleitung

New Work wird nicht nur begrifflich oftmals willkürlich als längst nicht mehr neue Sau durchs Managementdorf getrieben. So ist bei der konzeptuellen Beliebigkeit kaum klar, was wirklich wirkt. Aber genau das brauchen wir in der Transformation von Arbeit und Organisationen. Wir möchten neben unserer operativen Tätigkeit einen Beitrag zu alternativen Formen von Arbeit und Organisation leisten, indem wir diese gesellschaftlich wichtigen Prozesse wissenschaftlich fundieren.

Was ist Evidenz basierte Begleitung?

Was genau bedeutet “Evidenz basiert”?
Der Ausdruck kommt ursprünglich aus der Medizin, wo explizit der Anspruch gestellt wurde, dass medizinische Behandlungen auf Basis von empirisch nachgewiesener Wirksamkeit getroffen werden. Seit dem ist dieser Fokus auch auf anderen Gebieten auf dem Vormarsch. Allgemein kann man also sagen, dass Evidenz basierte Praktiken wissenschaftlichen fundiert sind, anstatt auf bloßen Behauptungen, Erfolgserzählungen, Intuition oder Rosinenpickerei zu beruhen. Das klingt zwar banal, aber gerade in Trump-Zeiten müssen wir die Wichtigkeit von evidenz-basierten Methoden und Praktiken hervorheben.

Aber was hat das mit Unternehmensdemokratie, Selbstorganisation und Partizipation zu tun?
Erstens werden weiterhin diverse Buzzword verwendet, wenn man das Ansehen seines Unternehmens aufhübschen will (Agilität, Teal Organization etc.). Wir wollen Schein von Sein unterscheiden und herausfinden, welche Unternehmen wirklich demokratisch, selbstorganisiert und partizipativ sind und welche mit diesem Begriff lediglich Social-Green-Washing betreiben. Zweitens brauchen wir wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über zahlreiche Zusammenhänge, um den Transformationsprozess von Unternehmen effektiv begleiten zu können. So befassen wir uns aktuell (Sept 2023) mit den Spannungen, die sich aus Unternehmensdemokratie und Selbstorganisation ergeben, welche Auswirkungen sie haben und wie damit erfolgreich umgegangen werden kann (s.u.).

Gibt es Beispiele für “Evidenz”, die der Transformation eines Unternehmens zu Gute käme?
Absolut. 2019 hat beispielsweise das Fraunhofer Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation in einer Studie mit gut 1600 Teilnehmer:innen herausgearbeitet, dass vor allem zwei Faktoren für den Erfolg von Veränderungen maßgeblich sind: Erstens eine transformationale Führung, bei der unter anderem das angestrebte Verhalten von den (Top)Führungskräften aktiv vorgelebt wird. Zweitens ist die grundlegende Einbindung der Mitarbeiter:innen in die Veränderung ein essentieller Erfolgsfaktor. Beides sollte also tunlichst Teil von zukünftigen Veränderungsprozessen sein, insbesondere, wenn es sich um Transformationen handelt, also Veränderungen, die das leitende Paradigma der Trennung von Denken und Handeln verändern.

Inwiefern forschen wir selber?
Wir haben zunächst mit einer kleinen, explorativen Studie zum Stand der Selbstorganisation in deutschsprachigen Unternehmen begonnen. Mit dieser Untersuchung haben wir einige Unternehmen (N=175) hinsichtlich verschiedener Parameter der Selbstorganisation untersucht, um uns einen ersten Überblick zu dieser Fragestellung zu verschaffen. Aktuell (Stand September 2023) vertiefen wir diese erste Vorstudie mit einer qualitativen Folgestudie und werden zudem ab ca. Oktober 2023 eine dritte Studie zum Stand des Nachhaltigkeitsmanagements in Deutschland starten. Weitere Infos zu dieser zweiten und dritten Studie findest Du weiter unten.

Forschungspartner
Wir schätzen uns glücklich, dass Christian Kroll für seine laufende Dissertation von der Uni Mannheim mit uns zusammenarbeitet und Assistent-Prof. Dr. Rebecca Ruehle von der Vrije Universiteit Amsterdam bei dieser Studie mit an Bord ist. Ab Oktober 2023 starten wir mit unserer dritten Studie, die wiederum zunächst eine erste Erkundung des Forschungsfelds sein wird: Wie steht es um das Nachhaltigkeitsmanagement in deutschen Unternehmen? Und genauer: Welche Differenzen und Gemeinsamkeiten gibt es dabei aus Sicht der Nachhaltigkeitsmanager:innen und der Geschäftsführungen? Welche Rolle spielt Partizipation bislang im Nachhaltigkeitsmanagement? Diese dritte Studie führen wir in Kooperation mit der Universität Hohenheim durch.

Arbeit an unserer ersten Studie…

Unsere Studien

Studie #3: Zum Stand des deutschen Nachhaltigkeitsmanagements. Eine dyadische Exploration der Perspektiven von Geschäftsführung und Nachhaltigkeitsmanagement

Laufzeit: 2023–2024

Zielsetzung: Wir wollen einen ersten Eindruck erhalten, wie es um unternehmerisches Nachhaltigkeitsmanagement (NM) bestellt ist, wenn man zwei verschiedene Perspektiven explizit gegenüberstellt: Erstens die der Geschäftsführung, die als Letztentscheider benötigte Ressourcen auf die verschiedenen Unternehmensfunktionen verteilt. Zweitens die des NM, das entsprechende Mittel braucht, die in vielen wenn nicht den meisten Fällen jedoch zu knapp zugeteilt sind. Diese Gegenüberstellung erscheint uns aufgrund möglicher bis wahrscheinlicher Zielkonflikte zwischen GF/NM hochgradig relevant. Studien, wie der Sustainability Transformation Monitor (1. Runde) haben teils nur eine einzige Perspektive in teils großen Unternehmen abgefragt. Die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen zum Stand des NM halten wir deshalb bezüglich des Gütekriteriums der Validität (Gültigkeit: wird das gemessen, was gemessen werden soll) einige Zweifel. Aus einer singulären Meinung über das NM eines gesamten Betriebs Schlussfolgerungen zu ziehen, überzeugt uns nicht.

Rahmendaten: Wir untersuchen das NM in Unternehmen verschiedener Größen und Branchen. Dazu haben wir einen Fragebogen entwickelt, der verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit abfragt, auch und gerade hinsichtlich unseres eigenen Fokus auf die partizipative Gestaltung der Nachhaltigkeit. Der Fragebogen liegt in zwei Versionen vor, für die GF und das NM.

Methode & Datenanalyse: Diese explorative, nicht repräsentative Studie führen wir vorwiegend quantitativ durch, um sie mit deskriptiver Statistik auszuwerten. Hinzu kommen einige Freitext-Fragen, die bis zu einem gewissen grad eine kleine qualitative Erforschung ermöglichen könnten, sofern entsprechende Antworten in ausreichender Qualität und Menge vorliegen werden.

Team: Das Projekt wird von Prof. Dr. Laura Henn, Dr. Kevin Winter (Universität Hohenheim), Markus Eulenkamp und Dr. Andreas Zeuch (unternehmensdemokraten) durchgeführt.

Ausblick: Wir ziehen in Erwägung, nach erfolgreichem Abschluss dieser explorativen Studie eine größere Folgestudie durchzuführen.

Solltest Du Fragen zu dem Projekt oder Interesse an einer Studienteilnahme haben, melde Dich gerne bei uns: markus@unternehmensdemokraten.de

Studie #2: Qualitative Studie zur Selbstorganisation und Unternehmensdemokratie

Laufzeit: 2022–2024

Zielsetzung: Hauptziel des Projekts ist es, wichtige Erkenntnisse im Bereich Selbstorganisation und Unternehmensdemokratie zu erhalten. Besonders interessieren uns dabei Aspekte der Transformation hin zu mehr Selbstorganisation und Unternehmensdemokratie, Dynamiken und Spannungsfelder, Strukturen und Prozesse, die zu gelungener Selbstorganisation und Unternehmensdemokratie beitragen, sowie ethische Implikationen. Die Ergebnisse planen wir in international renommierten Peer-Review Zeitschriften zu veröffentlichen.

Rahmendaten: Wir untersuchen Selbstorganisation und Unternehmensdemokratie in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Dazu führen wir Interviews mit diversen internen Stakeholdern von Unternehmen. Mit semi-strukturierten Einzelinterviews erkunden wir Aspekte der vorhandenen Organisationskultur sowie Strukturen und Prozesse. Dabei geht es um vielfältige Themen, wie den Stand der Selbstorganisation, das Entscheidungsdesign, die Fehler- und Konfliktkultur sowie Nachhaltigkeit und Gemeinwohl. Eine erste Interviewrunde mit vier Unternehmen, die sich auf dem Weg hin zu mehr Selbstorganisation und Unternehmensdemokratie befinden, hat bereits stattgefunden. Derzeit sind wir im fortgeschrittenen Auswertungsprozess von knapp 50 Einzelinterviews. Darüber hinaus sind Follow-Up Interviews geplant.

Methode & Datenanalyse: In unserem Projekt arbeiten wir mit der „Grounded Theory“ sowie der „Gioia Methode“. Die transkribierten und anonymisierten Daten werden von uns in ‚atlas.ti‘ doppelt kodiert und analysiert. 

Team: Das Projekt wird von Christian Kroll (Universität Mannheim & Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik), Assistenzprofessorin Dr. Rebecca C. Ruehle (Vrije Universiteit Amsterdam) und Dr. Andreas Zeuch durchgeführt.

Ausblick: Aufgrund der tiefgreifenden Einsichten, die wir schon jetzt durch die Datenanalyse erhalten haben, sind wir zuversichtlich, dass wir mehrere wissenschaftliche Publikationen in internationalen Fachzeitschriften veröffentlichen können. Eine erste Publikation soll 2024 erscheinen. Wir ziehen in Erwägung, nach erfolgreichem Abschluss der ersten Projektphase, den Datensatz zu erweitern und zu vertiefen.

Solltest Du Fragen zu dem Projekt oder Interesse an einer Studienteilnahme haben, melde Dich gerne bei uns: christian.kroll@ethicsinbusiness.eu

Studie #1: Unternehmensdemokratie zwischen Utopie und Wirklichkeit

Laufzeit: 2018–2021

Zielsetzung: Ende 2018 starteten wir unsere erste explorative Umfrage zum Stand der Selbstorganisation im deutschsprachigen Raum. Die Datenerhebung lief bis Ende Juli 2019. Mit dieser noch einfachen Umfrage möchten wir uns einen ersten Überblick zur Selbstorganisation und Neuer Arbeit verschaffen. Denn zur Zeit weiß niemand etwas Genaues zu dieser Fragestellung.

Rahmendaten

  • Die Umfrage bestand aus 26 Multiple-Choice Fragen, 13 kurzen Freitextantworten (Abfrage von Begriffen) sowie 4 ausführlichen Freitextantworten (freie Beschreibungen).
  • Die Datenerhebung erfolgte auf mehreren Kanälen:
    • Social Media: Facebook, LinkedIn, Twitter und Xing
    • Email Verteiler
    • Blogbeiträge
  • 175 Unternehmen nahmen teil
  • Die Reichweite bezüglich der Anzahl der Mitarbeiter*innen lag bei 1 – 400.000
  • Die Unternehmen stammten aus insgesamt über 30 Branchen
  • Die Teilnehmer kamen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz

Auswertung: Die Auswertung der Daten hat sich leider länger hingezogen, als erwünscht. Dafür haben wir den oben bereits erwähnten, äußerst kompetenten Forschungspartner gewonnen: Die betriebswirtschaftliche Fakultät der Universität Mannheim. Laura und ihr Team unterstützen uns bereits bei der Auswertung unserer ersten Studie.

Ergebnisse: Am 14. Januar 2021 präsentierten wir die Ergebnisse in einem öffentlichen ZoomMeeting, an dem 58 Personen teilnahmen. Seit dem kann der Studienbericht kostenlos über unser Kontaktformular bestellt werden.

Der Bericht unserer ersten Studie. Kostenfrei übers Kontaktformular erhältlich.

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