Kunst – was war das nochmal bei unserer (Un)Konferenz?

sdr

Kunst erklärt man ja besser nicht. Zumindest ist das meine Auffassung. Ich bin bei diesen angeleiteten Museumsbesuchen per Audioguide ein bisschen ambivalent. Einerseits, weil ich denke, dass man und frau sich doch die Freiheit gönnen sollte, die eigenen Gedanken zu einem Kunstwerk zuzulassen. Nicht alles, was im Museum hängt oder steht muss mir was sagen oder mich berühren.

Andererseits können mir Hintergrundinfos zur Entstehung des Kunstwerks, zur Historie oder zum Kunstschaffenden ein Werk näher bringen – manchmal. Sei’s drum. Aber genau wegen dieser Ambivalenz gehe ich jetzt kurz auf die Installationen während unserer (Un)Konferenz ein.

Den Gestaltungsprozess erkennen

Vielleicht hat der eine oder die andere schon gesehen, dass es bei priomy den Bereich priomy.pieces gibt und bei unserer transsektoralen (Un)Konferenz war Kunst nicht ohne Grund einer der Schlüsselbereiche. Beim Event hatten wir kurz erklärt, dass unser Kunstverständnis sich nicht am Werk selbst erschöpft, sondern wir mit dem Prozess davor arbeiten – mit dem Gestaltungsprozess, der in jeder/jedem selbst stattfindet, bevor das Ergebnis sichtbar wird.

Kunst während der (Un)Konferenz

In diesem Verständnis schaffen wir selbst Kunst und verbinden sie mit New Work. Während der (Un)Konferenz sorgten Shelley Sacks, unsere erste Keynote-Speakerin, Tina Weikard mit dem Intro und Martin Ciesielski mit seinem Theatrical Recording für den Link zur Kunst. Darüber hinaus waren die Installationen während der (Un)Konferenz stellvertretende, niedrigschwellige Beispiele für unser weiteres Verständnis wie Kunst und New Work zusammenwirken können.

New Work, sinnvolles Wirtschaften und Kunst

Eines unserer Ziele mit priomy.pieces (dies können Aktionen, Installationen, paradoxe Interventionen oder was auch immer sein) ist es, etwas zu thematisieren, was uns auffällt. Es kann sein, dass dies auf den ersten Blick scheinbar nichts direkt mit dem Arbeitsalltag selbst zu tun hat, sich aber zweitens im Dialog darüber als authentischer Diskussions- und Transformationsansatz entpuppt – ganz im Sinne der sozialen Plastik. Wir steigen entweder über ein Metathema oder auch ein konträres Thema ein: Die Logik dahinter ist – vom Ganzen ins Detail und von dort aus wieder zurück. Beobachten, woher etwas kommt, wie es sich entwickelt hat, unter welchen Rahmenbedingungen und welche Akteure beteiligt waren. priomy.pieces kann am Kerngeschäft orientiert sein, an sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit oder auch die SDGs (Sustainable Development Goals) adressieren.

Die Installation „RED“ war folgendermaßen angelegt: 5 verschiedene Banner, die je eine Assoziation zur Kulturfarbe „Rot“ ausdrückten:

1. Blut, das verletzt
2. Blut, das nicht verletzt
3. Signal- und Aufmerksamkeitsfarbe
4. Hass
5. Liebe

In der Mitte hing ein rotes Kleid als Symbolobjekt, an dem u.a. diverse beschriebene Blätter hingen, die je eine der Banner-Assoziationen mit gesellschaftlich-kulturellen Fakten ergänzten. Diese beispielhafte Installation kann in einem Unternehmen selbst stattfinden und wird dann von einem Dialog und/oder Workshop begleitet. Es können weitere Aktionen angeschlossen werden. Die Installation ist auf partizipative Weiterentwicklung angelegt und kann für eine bestimmte Zeit im Unternehmen bleiben – je nach Anforderung.

Die Installation selbst ist zweckfrei. Die Reflexion und Weiterentwicklung dazu kann jedoch von den Mitarbeitenden mit einem Zielanspruch belegt werden – im Idealfall demokratisch und partizipativ erarbeitet. In der Kürze der (Un)Konferenz haben wir die Teilnehmenden lediglich eingeladen, ihre Assoziationen auf Stattys zu notieren und sie an die Banner zu pinnen und somit die Installation partizipativ zu gestalten.

Im betrieblichen Kontext hätte sich an der Installation ein Dialog entspinnen können, der eine enorme Bandbreite an Handlungsbedarfen sichtbar machen würde: Bei der Assoziation „Blut, das nicht verletzt“ (hiermit war das Menstruationsblut gemeint) wäre z.B. von der fast banalen Frage „Warum stellt unser Arbeitgeber uns nicht kostenlos Hygieneprodukte wie Tampons zur Verfügung?“ über das Thema „Kinderwunsch im Arbeitskontext“ (Menstruationsblut kann bei Kinderwunsch durchaus mental verletzend sein) bis zu „Führung in Teilzeit“ alles möglich gewesen.

Während die erste Frage noch relativ schnell zu lösen ist, würde das Thema „Kinderwunsch im Arbeitskontext“ in einen wichtigen Prozess von Bewusstheit führen, denn warum sollte nicht hinterfragt werden, welchen Sinn die Tabuisierung eines Kinderwunsches im Arbeitskontext macht, wo doch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf immer wichtiger wird? Weder darf der Arbeitgeber offiziell nach dem Kinderwunsch einer Bewerberin fragen, noch äußert eine Frau im Arbeitsalltag, dass sie einen Kinderwunsch hat, weil sie dann mit Benachteiligung rechnen muss. Zum Thema „Führung in Teilzeit“ wäre dann in der Diskussion nur noch ein kleiner Schritt.

An dieser Stelle bedanke ich mich übrigens noch einmal bei Franciska Heyn, die mir beim Aufbau der Installation geholfen hatte.

 

Möglichkeit zur Muße während der (Un)Konferenz

Die zweite Installation war in einem der Cubes, die sonst für kleinere Besprechungen genutzt werden. Dort war die „Ecriture Automatique“ zu finden, die der französische Surrealist André Breton in den 1920er Jahren bereits erfand. Sie sollte den Teilnehmenden einen Moment der Ruhe verschaffen. Der Raum war verschließbar, so dass die Außengeräusche nur gedämpft zu hören waren. Diese Installation war explizit auf die Location ausgerichtet und als Gegengewicht zu den pulsierenden und aktiven Workshops und Sessions gedacht. Innen konnten die Teilnehmenden sowohl Infos zur Geschichte des „Automatischen Schreibens“ finden, als auch eine „Anleitung zum Automatischen Schreiben“. Ein aufgeschlagenes Heft und Stifte lagen bereit, um die Gedanken des Unbewussten sichtbar zu machen. Einige der Teilnehmenden nutzten die Möglichkeit zur Muße. Zeigte dies uns doch, dass man/frau sich die Freiheit nahm, vielleicht auch auf Workshops/Sessions zu verzichten – ganz im Sinne der eigenen Selbstverantwortung.

 

 

 

 

 

Die dritte Installation hatte Stefan neben der Bühne installiert und wird dazu in einem weiteren Blogartikel Details verraten.

 

Herzliche Grüße
Daniela

 

Bildnachweis

  • Alle Fotos: @Kulturkomplizin, Daniela Röcker

 

Comments (2)

„Die Angst vor der Freiheit“ – vom Buckeln und Treten - priomy

[…] Daniela im Blogpost zu ihren Installationen „Red“ und „Ecriture Automatique“ ankündigte, beschreibe ich in […]

[…] oder ähnliche Kreativmethoden – als grundlegenden Baustein integrieren, der schaue erstens, was Kunst bei der #NKNA18 war und schaue zweitens sich berühmte und/oder historische Brücken mal genauer an – ohne […]

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