Am 15.08. erschien im Handelsblatt der Beitrag Die traurige Illusion hierarchieloser Organisationen von Matthias Kolbusa. Dort entfaltet er seine zentrale Annahme, dass Selbstorganisation bei den Akteuren einer Organisation eine gewisse Reife voraussetzt, die durch die Selbstorganisation an sich nicht erreicht werden könne. Als Frage formuliert ist dies zweifelsfrei ein wichtiger Aspekt, mit dem sich Organisationen auseinandersetzen müssen, wenn sie nachhaltig erfolgreiche Selbstorganisation erreichen wollen. Die Darstellung des Autors steht hingegen auf wackeligen Beinen.
Restrukturierung, Tranformation und Hierarchielosigkeit
Der Autor wirft gleich zu Beginn verschiedene Begriffe in denselben Topf: “Kein Reorganisationsprojekt, bei dem nicht auch das Thema Hierarchielosigkeit mit auf dem Zettel steht.” (Kolbusa, M. (2019): Die traurige Illusion hierarchieloser Organisationen. Handelsblatt). Ein großer Teil des aktuellen Durcheinanders im Bereich neuer Arbeitsformen (Agilität, Augenhöhe, New Work, Selbstorganisation, Unternehmensdemokratie etc.) rührt daher, dass es kein klares Begriffsverständnis gibt. So auch hier.
Erstens vermischt Kolbusa Reorganisationsprojekte, gemeinhin auch als “Change” bezeichnet mit viel fundamentaleren Transformationen. Im Falle von Change, wozu ich auch Reorganisations/strukurierungsprojekte zähle, geht es nur um Veränderungen innerhalb eines bestehenden Paradigmas der Unternehmensführung und des Managements. Die grundlegende tayloristische Trennung von Denken und Handeln sowie Planen und Ausführen ist davon nicht betroffen. Ein solcher Change kann durchaus auch Abbau hierarchischer Stufen beinhalten, wobei aber grundlegende Führungs- und Management-Prinzipien nicht in Frage gestellt oder gar geändert werden.
Bei einer Transformation sieht das schon ganz anders aus: Hier geht es gewissermaßen um die DNA der Führung und Gestaltung von Organisationen; es geht darum, ob die oben erwähnte tayloristische Trennung weiterhin zielführend und ethisch haltbar ist. Für Unternehmensdemokraten kommt dann noch eine zentrale Frage hinzu: Wieso werden ansonsten juristisch festgelegte Grundrechte im Kontext von Arbeit plötzlich (in)formell für ungültig erklärt? Kurzum: Transformationen greifen tief in die bisherige Logik von Management und Führung ein, während ein Change dies nicht thematisiert.
Letztlich ist der Begriff der “Hierarchielosigkeit” sachlich unhaltbar. Es wird gemäß des aktuellen deutschen Gesellschaftsrechts (GmbH Recht, Aktiengesetzt…) weiterhin immer mindestens zwei formal-juristisch kodifzierte hierarchische Ebenen geben: Geschäftsführung/Vorstand – Belegschaft. Dazu gesellt sich dann noch die ebenso sachlich unhaltbare Frage, ob “damit dem Schrei der HR-Vorreiter, endlich alle Organisationsformen abzuschaffen, nichts mehr entgegenzusetzen (wäre)?” (a.a.O.) Wie bitte? Wieso sollen alle Organisationsformen abgeschafft werden? Wie soll das gehen? Wie kann eine Organisation keine Form haben? Und wer soll dies bitte jemals gefordert haben? Der Begriff der Hierarchielosigkeit sowie der angeblichen Forderung nach Auflösung aller Organisationsformen ist eine Nebelgranate, die eine klare Sicht auf das Thema versperrt.
Der Begriff der Reife
Der Autor definiert im weiteren Verlauf wenigstens seinen Begriff der Reife: “Tue stets das Richtige. Das Richtige ist, mit allem, was man sagt oder tut, mehr Menschen zu nützen als zu schaden.” (a.a.O.) Daraus ergibt sich ein Kontinuum hin zu einer vollständigen Reife: Die weisen Menschen nach, die immer und vollständig mit allem was sie sagen oder machen, mehr Menschen (in der Organisation) nutzen als schaden. Ok. Kann man so sehen, ist allerdings etwas fragwürdig.
Sinnvoll ist an diesem Begriffsverständnis, dass es impliziert, über die eigenen individuellen Bedürfnisse und Wünsche hinaus an das große Ganze zu denken und auch entsprechend zu handeln. Dazu passen verschiedene Reifegrad-Modelle wie die von Erik Erikson, Jean Piaget, Jane Loevinger, Clare Graves, Don Beck etc. Es dürfte schon aus unseren alltäglichen Erfahrungen unstrittig sein, dass manche Menschen die meiste Zeit um sich selbst kreisen und nur auf den eigenen Vorteil bedacht sind. Politisch erleben wir diese krankhaft narzisstische Nabelschau gerade in Reinform von Rechtspopulisten wie #kingdonald und seinem Adepten #princeboris. Und dass es eben andere gibt, die das Gemeinwohl ins Zentrum ihrer Wahrnehmung, ihres Denkens und Handelns stellen.
Schwierig an der Definition von Kolbusa ist jedoch zweierlei: Erstens stellt sich sofort die Folgefrage, wer wie genau feststellt, ob die Mitarbeiter*innen mit ihren Handlungen mehr Menschen nutzen als schaden? Wer hat da die Deutungshoheit? Zweitens ist die Einschätzung der Reife in dieser Denkfigur immer auch von dem betrachteten Zeitraum abhängig: Was kurzfristig mehr Leuten nutzt als schadet, kann sich langfristig ins Gegenteil verkehren. Ich könnte zum Beispiel meinem Arbeitgeber vorschlagen, dass wir alle ab sofort 50% mehr Gehalt bekommen. Das wäre dann für die allermeisten Menschen in der Firma ein schöner Vorteil. Kurzfristig. Denn langfristig würde diese lustige Gehaltserhöhung möglicherweise bis wahrscheinlich in eine Insolvenz führen, sofern der Umsatz nicht entsprechend angepasst werden würde. Zumindest aber würde der Gewinn deutlich gesenkt werden. Also steht auch hier die Argumentation auf wackeligen Beinen.
Welche Theorie der Selbstorganisation?
Im weiteren Verlauf stellt der Autor die “Theorie” der Selbstorganisation der organisationalen Praxis gegenüber. Seine Theorie ist indes dürftig: “Wären alle Menschen in diesem Sinne reif und mutig, bräuchte es keine Vorgesetzten, keine Regeln und Vorschriften – höchstens ein paar wohlüberlegte und überzeugende Ziele auf die alle ihr Handeln ausrichten und einige wenige durchdachte Prozesse, damit bestimmte Dinge einfach wie geschmiert laufen. Selbst diese wären dann nicht zementiert und würden bei Bedarf über die konsequente Ausrichtung aufs Ziel angepasst. Soweit die Idealvorstellung: Wer sich jedoch aus der Theorie in die Praxis wagt, erlebt regelmäßig Desillusionierendes.” (a.a.O.)
Die Theorie sagt also in der Idealvorstellung, dass es keine Regeln und keine Vorschriften mehr gäbe, keine Vorgsetzten (was ja alleine aufgrund des Gesellschaftsrecht spätestens gegenüber dem Topmanagement nicht mehr stimmt) und auch keine fixen Prozesse, sondern nur noch die Ausrichtung an Zielen. Witzigerweise reflektiert Kolbusa dann aber nicht im Geringsten, wo wiederum diese Ziele herkommen. Werden die wie gehabt von oben zum Beispiel in Form eines fixen Umsatzwachstums vorgegeben? Oder wird ein Gegenstromverfahren wie OKR angewendet, dass top-down und bottom-up integriert?
Verhalten ist nicht nur eine Frage der Reife
Fundamental für die angebliche Desillusionierung ist bei Kolbusa die Aussage, dass Reife nicht durch die Selbstorganisation an sich erreicht werden könne. An dieser Stelle übersieht Kolbusa einen zentralen Aspekt: Wenn Menschen Teil eines Systems bleiben wollen, können sie sich nur bis zu einem gewissen Grad gegen die Prinzipien und Regeln dieses Systems verhalten. Mit anderen Worten:
Menschliches Verhalten ist nicht nur eine Frage der Reife, sondern immer auch eine Konsequenz aus der jeweiligen Organisationsform und -kultur. Andreas Zeuch
Witzigerweise belegt das der Autor ohne es zu wollen mit seinen eigenen Beispielen für angeblich unreifes Verhalten: “Desillusionierend zum Beispiel ist die Truppe aus dem Vertrieb, die sich mit dem Produktmanagement abklatscht, weil Sie dem Management ihr riskantes Prestigeobjekt aufgeschwatzt hat. Das fördert zwar den Nimbus des Bereichs und sorgt für auf der Messe für bewundernde Blicke, nutzt dem Unternehmen aber nur wenig. Nur ein Beispiel für Niedertracht und Eigensinn – allzu menschlich und alltäglich.” (a.a.O.) Das ist weniger eine Frage von Niedertracht, als vielmehr der Logik traditioneller Organisationsformen und Bewertungsmaßstäbe geschuldet.
In diesem Sinne können wir genügend weitere Beispiele finden, wie die bestehenden, traditionellen Prinzipien und Regeln tayloristischer Organisationen sich selber mehr schaden als nutzen. Ein Klassiker in diesem Sinne sind die imer noch gängigen Zielvereinbarungen mit daran gekoppelten individuellen Vergütungsanteilen, wie Niels Pfläging äußerst präzise in seinem Buch “Führen mit flexiblen Zielen” dargelegt hatte. Dieser methodische Mechanismus belohnt diejenigen, die ihre Ziele so stecken, dass sie sie auch mit Sicherheit erreichen – und diejenigen, die dabei wider das organisationale Gemeinwohl tricksen. Das hat dann mit menschlicher Reife nicht unbedingt etwas zu tun.
Kurzum: Traditionelle Aufbauorganisationen mit einer passenden, klassischen Ablauforganisation sorgen mit ihren Prinzipien, Regeln und typischen kulturellen Merkmalen (“Ober sticht unter”) vielmehr dafür, dass sich Menschen entsprechend der einschlägigen Reifegradmodelle egoistisch und unreif verhalten. Das zeigt sich insbesondere an der Zuschreibung von Leistung an einzelne “Leistungsträger” und natürlich, wie schon angedeutet, den damit verbundenen individuellen Vergütungsanteilen. Da würde sich sehr wohl schon eine Menge ohne jahrelanges “Nachreifen” der Mitarbeiter*innen ändern, wenn es nur noch kollektive Boni gäbe, die sich zum Beispiel an gemeinsam erarbeiteten gesamtunternehmerischen Zielen orientieren.
Widerstand ist kein Beleg für die These zwingender Reife
Dann wird es im Verlauf des Artikel recht abstrus: “Das sicherste Indiz dafür, das Menschen zuerst reif sein müssen, um hierarchiefrei leisten zu können, ist der immense Widerstand gegen agile Veränderungen.” (a.a.O.) Ist das so? Dass sich Menschen weigern, agil zu werden, die Transformation mitzutragen oder gar nach Kräften voranzutreiben, beweist, dass die Mitarbeiter*innen erst “reif” im Sinne der Selbstorganisation sein müssen? Da war wohl der Wunsch der Vater des Gedanken.
Menschen können viele unterschiedliche, sehr gute Gründe haben, um den nächsten Wandel nicht (mehr) zu unterstützen oder auch nur einigermaßen mitzuziehen. Einer der wichtigsten Gründe für einen vollkommen legitimen Widerstand besteht in der Unglaubwürdigkeit der Geschäftsführung, weil die sich weigern, sich selbst in der ausgerufenen Transformation zu reflektieren und zu verändern.
Ein anderer berechtigter Grund für Widerstand besteht darin, dass zuvor schon sieben Change-Säue durchs Unternehmensdorf getrieben wurden, die alle nur leere Versprechen beinhalteten. Oder dass die Transformation in der alten top-down Manier durchgeprügelt wird, bei der die Mitarbeiter*innen gesagt bekommen, dass sie – pointiert dargestellt – gefälligst ab morgen total agil sein sollen. Für mein Verständnis ist in solchen und zahlreichen anderen Fällen Widerstand vielmehr ein Zeichen von Reife, da die Belegschaft nicht jeden Hokuspokus und jede Laune der Geschäftsführung untertänig abnickt!
Jede Transformation bedeutet lebenslanges Lernen
Somit ergibt sich das Resume, dass die Reife (welche genau?) aller Mitarbeiter*innen keine zwingende Voraussetzung für erfolgreiche Transformationen sind. Natürlich braucht es ein Mindestmaß an Menschen, die einerseits bereit sind, Verantwortung und Entscheidungsmacht abzugeben, ohne sich persönlich kastriert zu fühlen, und solche, die andererseits dieses Angebot annehmen. Und es braucht ein Mindestmaß an Menschen, die bereit sind, ihre Wahrnehmungen, ihr Denken und Handeln in der Organisation fortlaufend zu reflektieren.
Lustigerweise untermauert Kolbusa meine Argumentation am Ende seines Artikels: “In jeder Organisation existieren jene, die sich über ihr Ego erheben und die für das große Ganze durchs Feuer und in den Schmerz gehen. Mit ihnen ist der Start in die agile Hierarchiereduzierung möglich – vorausgesetzt, dass parallel am Reifegrad aller gearbeitet wird.” (a.a.O.) Womit Kolbusa sich selbst widerspricht, denn auf einmal ist das “Nachreifen” doch in der entstehenden Selbstorganisation möglich und ist keine unbedingte vorherige Voraussetzung mehr, wie er ja kurz zuvor formulierte: “Wenn Unternehmen also Hierarchien auflösen, müssen sie und die Menschen in ihr die nötige Reife schon besitzen.” (a.a.O., kursiv AZ) Eine echte Leistung, sich in einem Artikel derart selbst das Bein zu stellen.
Und eben genau das ist wichtig und sollte unbedingt beachtet werden: Wenn eine Organisation eine Tranformation anstrebt, braucht es ein reichhaltiges Angebot zur persönlichen Weiterentwicklung über fachliche Themen hinaus. Diejenigen, die sich teils schon vor Jahrzehnten erfolgreich selbstorganisiert aufgestellt hatten, haben das erkannt und flankierende Lern- und Entwicklungsräume für die Mitarbeiter*innen geschaffen. Abschließend bleibt zu bemerken: Es gibt Fähigkeiten, die lernen wir, indem wir sie ausprobieren. Schließlich erleben wir schon seit Jahrhunderten in Berufen: Learning by doing.
Wir lernen Fahrradfahren, indem wir auf die Schnauze fallen.
Herzliche Grüße
Andreas
Literatur
- Kolbusa, M. (2019): Die traurige Illusion hierarchieloser Organisationen. Handelsblatt, Ressort Unternehmen
Bildnachweis
- Beitragsbild: Mashup aus Säugling (© Pferdeliebe, CC BY-SA 4.0), Geschwisterkinder & Erwachsene (Pixabay, lizenzfrei) von Andreas zeuch
- Bedürfnispyramide: PNG by Philipp Guttmann, SVG by Jüppsche, gemeinfrei
- Cover Flexible Ziele: Campus, freie Nutzung zu Werbezwecken für das Buch
Ergänzend ist mir noch das „Performance Paradox“ eingefallen. Menschen agieren nicht nur ziemlich „unreif“, sondern ganz schön „clever“!! https://en.m.wikipedia.org/wiki/Performance_paradox
Danke Tobias, für diese schöne Ergänzung! Genauso ist es, von wegen “unreif” … LGA
Hallo Andreas,
vielen Dank für diese engagierte Klarstellung einer “klassischen” Demontage von Selbstorganisation und Agilität, die eigentlich nur der Zementierung aktueller Verhältnisse dient. In bewährter Manier werden Symptome – “Widerstand”, “unreifes Verhalten” u.a. – mit Ursachen verwechselt: Mangelnder Transformationswille der Führung sowie die unreflektierte Implementierung z.B. “agiler Methoden” oder Organisationsformen statt einer ko-kreativen Herangehensweise, die den Beteiligten / dem Unternehmen einen individuellen und damit nachhaltigen Lern- und Entwicklungsweg ermöglicht, ist oft m.E. eher der Grund, warum Transformationen scheitern.
Beste Grüße
Claudia
Hi Claudia,
danke für die Rückmeldung. Häufig ist das tatsächlich der überaus halbgare, jämmerliche Versuch die Erneuerung der Arbeitswelt zu vereiteln. In dem Fall möchte ich aber der Fairness halber darauf hinweisen, dass der Autor Matthias Kolbusa die Transformation keineswegs per se ablehnt. Er wendet sich – zu recht – eher gegen die Idee, mit ein paar Methoden etc. das mal schnell einführen zu können. Da stimme ich (und du vermutlich auch) zu. Allerdings ist mir nicht ganz klar, was er mit seinem widersprüchlichen Reife-Reflexionen eigentlich will.
HG, Andreas
Danke für Deine klugen Anmerkungen. Es ist wie das Henne-Ei Problem. Erzeugen unreife Strukturen, unreifes Verhalten oder erzeugen unreife Menschen, unreife Strukturen? An sich ist das auch egal, denn anfangen müssen wir eh mit dem Bereich, der das meiste Potenzial hat und den anderen befruchtet. Sei es eine Umstellung der Organisation auf mehr Eigenbestimmung und offenere Stellenprofile oder sei es durch die Bildung einer Koalition der Willigen, die sich ans Ausprobieren von mehr Selbstführung machen. Eine hierarchielose Organisation ist für mich auch weniger ein Resultat, an dem man sich misst, sonder eher eine Richtung, an der wir uns ausrichten können.
Danke Dir, Martin, für Deinen Kommentar.
Das ganze ist für mich kein Henne-Ei Problem, es ist kein entweder-oder, sondern ein sowohl-als-auch. Es ist ein sich gegenseitig bedingender Ursachenkreislauf. Deshalb können wir auf beiden Seiten beginnen. Und weil es keine zwingende Reihenfolge gibt, sollten all die, die eine partizipative Arbeitswelt wollen, damit beginnen. Ansonsten zementieren wir mit den alten Kulturen und Strukturen nur das alte Verhalten.
Und ja: Hierarchielose Organisationen sind in fast allen Fällen heute noch Referenzpunkte. Es geht dabei für mich um die zentrale Frage, in welcher (unternehmerischen) Welt wir leben wollen.
Vielen Dank für diesen pointierten Artikel. Ergänzen möchte ich, dass es keine Entscheidung für Selbstorganisation und gegen Hierarchie ist, sondern eine sowohl-als-auch-Entscheidung. In jedem Agilen Team entsteht eine Hierarchie. Man darf auch differenzieren von welcher Hierarchie man spricht: von der formalen, wertschöpfenden oder der informellen Hierarchie. Das ist ein Unterschied. Die formale (rechtliche) Hierarchie bleibt. Es ist nur die Frage, wie viel Energie wende ich in der formalen Hierarchie auf. Außerdem existiert Selbstorganisation bereits seit Jahren in Unternehmen parallel zur formalen Hierarchie.
P.S.: Darüber haben wir u.a. in Trialog Nr. 6 gesprochen. Folgt in Kürze.
Bin da voll bei Dir, Björn, wie eben auch oben in meiner Antwort an Martin geschrieben. Deshalb haben wir nach Transformationen auch immer eine hybride Organisation. Es ist – so wie Du schreibst – die Frage, worauf wir uns fokussieren und woran wir unser unternehmerisches Handeln ausrichten.
Danke für diesen klugen Text! Ich hatte den Handelsblatt-Artikel auch gelesen und fand darin dieselbe verquere Menschenbild-Logik, die alles beim Alten lässt und Mitarbeitern dafür bequem die Reife abspricht. Da werden Systemfehler dem Individuum zugeschrieben und dann werden in der Folge die so Etikettierten mit Change-Interventionen gequält, die am Kern vorbeischrammen. Es. Macht. So. Müde.
Viele Grüße
Dagmar
Danke Dir, Dagmar, für Deine Anmerkungen, die ich wiederum teile. Nur eines: Natürlich gibt es auch Mitarbeiter*innen, deren Verhalten weniger eine Reaktion auf die Organisationskultur/struktur etc. ist, als vielmehr der eigenen Biografie geschuldet. Da wir verschiedene Wirkfaktoren haben (Elternhaus, Mileu/Umfeld, Erziehungs- und Bildungsweg, Arbeitgeber), die unseren Reifegrad beeinflussen, können wir nun im Umkehrschluss nicht nur den Arbeitgeber in die Pflicht nehmen. Aber ich vermute, dass Du das auch nicht so ausschließlich gemeint hast.
Und das mit dem Menschenbild hatte ich sogar vergessen zu reflektieren. Danke für diesen weiteren Impuls.
Danke für diese spannende Auseinandersetzung! Meine Erfahrung: Jede/r kann sich im privaten hervorragend selbst organisieren, nur haben Organisationen, Gesetze, die BWL & Überzeugungen („das können meine Mitarbeiter nicht allein“ oder „dafür werde ich nicht bezahlt“ und dergleichen mehr) es uns abtrainiert. Das müssen wir entlernen, dafür braucht es mehr als „na, dann organisiert Euch mal selbst“ z.B. Vertrauen, die Frage: Was brauchst Du jetzt gerade? Werkzeuge zur Entscheidungsfindung, etc. UND das hier: https://en.m.wikipedia.org/wiki/Situational_leadership_theory